Städte setzen auf Cannabis-Klubs

Das Cannabis-Verbot lässt sich kaum durchsetzen. Mit Versuchen zur legalen Abgabe wollen die Städte Schwung in die Debatte bringen. Nächste Woche entscheiden sie, wo die Versuche stattfinden können.

Daniel Gerny
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Hanfpflanzen (Cannabis Sativa) recken sich in Zürich der Sonne entgegen. (Bild: Alessandro Della Bella / Keystone)

Hanfpflanzen (Cannabis Sativa) recken sich in Zürich der Sonne entgegen. (Bild: Alessandro Della Bella / Keystone)

Im Bundeshaus hat Drogenpolitik keine Konjunktur, dafür kommt Dynamik aus den Städten. Kommende Woche treffen sich Vertreter aus Zürich, Genf, Basel, Bern, Winterthur, um Versuchen mit legalem Cannabis-Konsum endlich zum Durchbruch zu verhelfen. Geht der Plan der Kommunen auf, so sollen die Versuche mit voraussichtlich rund 1000 Teilnehmern schon im kommenden Jahr starten. Die Städte sind hochmotiviert, denn die geltende Gesetzgebung macht ihnen zu schaffen: Cannabis wird trotz Verbot praktisch ungehemmt konsumiert. Erwachsene, die mit weniger als 10 Gramm Cannabis erwischt werden, müssen seit 2013 zwar nur noch eine Busse bezahlen. Dennoch fehlen die Ressourcen, um das Gesetz wirklich durchzusetzen.

Versuche mit Jugendlichen

Die Städte suchen das Betäubungsmittelgesetz (BetmG) deshalb seit einiger Zeit nach Gesetzeslücken für eine kontrollierte Abgabe von Cannabis ab. Gemäss BetmG kann das Bundesamt für Gesundheit im Rahmen der wissenschaftlichen Forschung Ausnahmebewilligungen für Anbau, Einfuhr, Herstellung und Inverkehrbringen erteilen. Diesen Passus wollen die Städte möglichst bald nutzen, um Versuche mit der Cannabis-Abgabe durch Vereine zu testen und auf diese Weise die drogenpolitische Diskussion voranzutreiben. Inzwischen sind die Vorarbeiten der Städte für Versuche in diesem Rahmen praktisch abgeschlossen.

Die Idee von Cannabis-Klubs, in denen beim Bier gemütlich und legal ein Joint geraucht werden darf, ist aber noch weit von den geplanten Versuchen entfernt. Vorgesehen sind stattdessen eng begleitete Tests mit unterschiedlichen Kategorien von Cannabis-Konsumenten, wie Sandro Cattacin, Mitglied der Genfer Kommission für Suchtfragen und Vertreter Genfs in der Initiative der Städte, erklärt (siehe Zusatz). Cattacin gilt als Spiritus Rector des Konzepts. Als besonders heikel dürfte sich die Testreihe mit jugendlichen Konsumenten unter 18 Jahren erweisen. Die Pilotversuche sollen dabei insbesondere zeigen, inwiefern durch die Entkriminalisierung ein bestehender Risiko-Konsum unter Kontrolle gebracht werden kann. Nächste Woche wollen die Städte auch untereinander klären, welche Versuche wo durchgeführt werden sollen.

Etwas mehr Klarheit herrscht inzwischen in Bezug auf die Produktion des Cannabis. Nach Aussagen von Cattacin würde das Cannabis am ehesten bei Betrieben bezogen werden, die für die Herstellung von Hanfprodukten zu medizinischen Zwecken schon heute über eine Bewilligung des Bundes verfügen. In der Schweiz existieren verschiedene solcher Betriebe, für die die Belieferung der Städte indessen mengenmässig wohl eine Herausforderung bedeuten würde. Doch nach Ansicht von Cattacin wäre ein Bezug über diese Quelle qualitätsmässig am zuverlässigsten. Gesichert scheint auch die Finanzierung: Cattacin rechnet mit Kosten von insgesamt höchstens 600 000 Franken für sämtliche Versuche während dreier Jahre – was die Belastung für die Städte grundsätzlich verkraftbar macht.

Lotterie soll entscheiden

Doch auch wenn der Wille der Städte gross ist und inzwischen klar ist, wie die Pilotversuche ausgestaltet werden, bestehen weiterhin Hindernisse. Ob die Versuche wirklich zustande kommen, ist nach wie vor unsicher. Offen ist vor allem, ob das Bundesamt für Gesundheit den Städten die notwendige Bewilligung erteilt. Voraussichtlich im Sommer wollen diese das Gesuch einreichen. Bundesrat Alain Berset hat sich zu dieser Frage bisher noch nicht geäussert. Immerhin gibt es leise Anzeichen dafür, dass der Bund den Städten womöglich keine Steine in den Weg legt, nachdem die Zurückhaltung anfänglich gross gewesen ist. So ist der Präsident der neuen Kommission für Suchtfragen, Toni Berthel, ein Befürworter neuer Regulierungsmodelle. Schwierigkeiten machen möglicherweise die Kantonsparlamente: In Bern beispielsweise sind Stadtregierung und -parlament für die Versuche, doch das Kantonsparlament stellt sich quer.

Und was, wenn es im kommenden Jahr tatsächlich zu den Pilotversuchen kommt? Die Nachfrage nach Plätzen könnte das Angebot weit übertreffen. Auch für dieses Problem schwebt Sandro Cattacin eine Lösung vor: Interessentinnen und Interessenten könnten sich bei den Städten melden, die anschliessend eine Auswahl treffen würden – per Lotterie.